„Ich bin einfach losgelaufen.“ Was wie der Beginn eines Romanes klingt, war für mich der erste Schritt aus der Komfortzone. Joggen? Dachte ich früher, sei nur was für disziplinierte Fitnessmenschen. Heute weiß ich: Es kann viel mehr sein – ein Anker, ein Neuanfang, ein kleiner täglicher Sieg.
Ich war nie sportlich. In der Schule habe ich mich beim Dauerlauf lieber ans Ende der Gruppe gehängt und gehofft, dass niemand merkt, wie sehr ich außer Atem war. Jogger:innen in teurer Funktionskleidung sah ich im Park mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Belächeln. Wer läuft freiwillig zehn Kilometer – bei Regen?
Doch irgendwann, nach einem stressigen Winter, in dem ich mehr Serien als Tageslicht gesehen hatte, wuchs in mir der Wunsch, etwas zu verändern. Ich fühlte mich antriebslos, körperlich ausgelaugt, mental überfordert. Keine große Krise, aber eben dieses dumpfe Gefühl: „So kann es nicht weitergehen.“
Der erste Schritt: Erwartungen runter, Schuhe an
Ich googelte „Joggen anfangen“ – und landete auf einem simplen Einsteigerplan: Dreimal pro Woche, abwechselnd gehen und laufen. Klingt machbar, dachte ich. Also schnürte ich ein Paar alte Sportschuhe und lief los. Na ja – laufen ist übertrieben. Es war eher ein Traben. Nach 90 Sekunden war ich außer Atem.
Doch ich kam wieder. Und wieder. Und irgendwann lief ich ganze fünf Minuten am Stück. Dann zehn. Und schließlich, acht Wochen später, meine erste 5-Kilometer-Strecke – langsam, schnaufend, aber mit einem Grinsen, das den ganzen Tag hielt.
Was Joggen mit mir gemacht hat – körperlich und mental
Joggen wurde für mich schnell mehr als Sport. Es wurde ein Ventil. In einer Welt voller Reize, Termine und Bildschirmzeit wurde das Laufen mein Rückzugsort. Kein Handy, keine Aufgabenliste – nur ich, mein Atem, mein Schritt. Die körperlichen Veränderungen kamen schleichend: bessere Ausdauer, ruhigerer Schlaf, ein Körper, der sich wieder nach „mir“ anfühlte.
Aber vor allem tat sich mental etwas:
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Klarheit im Kopf: Nach 20 Minuten Laufen hatte ich oft Lösungen für Probleme, über die ich stundenlang gegrübelt hatte.
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Selbstwirksamkeit: Ich sah, dass ich fähig war, Dinge zu verändern – allein durch Konsequenz.
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Stolz: Nicht auf Geschwindigkeit oder Leistung – sondern auf das Dranbleiben.
Warum Joggen ein perfekter Einstiegssport ist
Joggen ist niedrigschwellig: Du brauchst keine Mitgliedschaft, keine Vorkenntnisse, kein teures Equipment. Ein Paar gute Laufschuhe und bequeme Kleidung genügen. Außerdem ist Laufen flexibel – du kannst es fast überall und zu jeder Tageszeit machen. Und: Es ist messbar. Fortschritte spürst du schon nach wenigen Wochen, wenn du dieselbe Strecke plötzlich leichter bewältigst.
Die häufigsten Hürden – und wie du sie überwindest
Natürlich war nicht jeder Lauf ein Hochgefühl. Es gab Tage, an denen ich keine Lust hatte, mich fragte, warum ich mir das antue. Aber gerade in diesen Momenten liegt der Schlüssel zum Durchhalten.
Hier ein paar Tipps, die mir geholfen haben:
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Klein anfangen: 1-Minuten-Intervalle sind völlig okay! Lieber klein starten und motiviert bleiben, als sich zu überfordern.
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Regelmäßigkeit schlägt Intensität: Drei kurze Einheiten pro Woche bringen mehr als ein harter Lauf pro Monat.
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Ziele setzen: Ob es die ersten 3 Kilometer am Stück sind oder ein lokaler Stadtlauf – ein konkretes Ziel motiviert.
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Musik & Podcasts nutzen: Eine gute Playlist oder ein fesselnder Podcast kann wahre Wunder wirken.
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Mit anderen teilen: Ob über Social Media, mit Freund:innen oder einer Laufgruppe – Austausch motiviert.
Was ich durch Joggen gelernt habe – über mich und das Leben
Joggen hat mir mehr beigebracht als jeder Ratgeber. Über Geduld. Über das Dranbleiben. Über das Gefühl, nicht perfekt sein zu müssen, um trotzdem weit zu kommen.
Ich habe gelernt, mit mir allein zu sein – und diese Zeit zu schätzen. Ich habe erfahren, wie gut sich echte Erschöpfung anfühlen kann, wenn sie durch Bewegung entsteht. Ich habe verstanden, dass Fortschritt nicht laut sein muss, sondern sich leise in die Routine einschleicht.
Und ja – ich habe gelernt, meinen Körper zu mögen. Nicht, weil er plötzlich fitter oder schlanker war. Sondern weil ich gemerkt habe: Er trägt mich. Jeden Tag. Über fünf Kilometer. Oder auch mal nur über zwei.
Der soziale Aspekt: Joggen verbindet
Was ich anfangs allein begann, wurde bald zu etwas Gemeinschaftlichem. Ich trat einer lokalen Laufgruppe bei, lernte Menschen kennen, mit denen ich sonst nie in Kontakt gekommen wäre. Die Gespräche beim Laufen – ungefiltert, ehrlich, oft überraschend tief – wurden zum Highlight meiner Woche.
Obwohl jede:r für sich läuft, entsteht dabei oft ein Gefühl von Verbindung, das im Alltag manchmal fehlt. Man teilt Strecke, Rhythmus, Schweigen – und irgendwann auch Geschichten.
Fazit: Laufen verändert – Schritt für Schritt
Ich werde nie die Schnellste sein. Ich habe keine Medaillen im Regal. Aber ich habe einen Weg gefunden, der mich zu mir selbst führt – über Asphalt, Waldwege und Kopfsteinpflaster. Und jedes Mal, wenn ich loslaufe, spüre ich: Ich bin lebendig.
Also, wenn du das liest und dich fragst, ob du anfangen sollst – tu’s. Geh raus, lauf los, atme tief. Nicht für die Fitness-App, nicht für die Figur, nicht für ein Ziel.
Sondern für dich.